Lesetipp:
Verkehrsort Glienicker Brücke
Im Vergleich zur Golden Gate Bridge oder zur Brooklyn Bridge ist sie ein Zwerg – aber trotzdem weltweit bekannt: die Glienicker Brücke. Nach dem Bau der Mauer am 13. August 1961 war die Grenze zwischen Klein-Glienicke im West-Berliner Bezirk Zehlendorf und der Stadt Potsdam eine Trennlinie zwischen Ost und West, eine Weltengrenze im „Kalten Krieg“. Die Grenze verlief in der Mitte der Havel und teilte so auch die den Fluss überspannende Brücke. Sie war für normalen Grenzverkehr gesperrt und konnte nur von alliierten Militärangehörigen und wenigen Personen mit Ausnahmegenehmigung passiert werden. Dreimal fand auf der Glienicker Brücke der Austausch von Agenten statt, was ihr den Ruf „Agentenbrücke“ einbrachte – und entsprechende Verfilmungen.
Doch die Brücke ist seit bald vierhundert Jahren auch ein bedeutender Verkehrsort. Um 1660 ließ Kurfürst Friedrich Wilhelm, der „Große“, die erste (eine hölzerne) Brücke mit Zugklappen für die Schifffahrt über die Havel bauen; ab 1834 ersetzte eine gemauerte Bogenbrücke die beiden hölzernen Vorgängerinnen, und seit 1907 verbindet – mit kriegsbedingter Unterbrechung 1945 bis 1949 – die stählerne Glienicker Brücke die Havelufer.
Bei deren Wiedereröffnung im Dezember 1949 verliehen ihr die zuständigen SED-Funktionäre den Namen „Brücke der Einheit“. Doch sie veranlassten bald das Gegenteil. Erst vier Jahrzehnte später nach dem Mauerfall wurde die Glienicker Brücke – anders als 1949 von der SED erhofft – eine „Brücke der Einheit“. Heute ist die Brücke wieder für alle und jeden unbehindert zu passieren. Und von der Grenzlinie in der Brückenmitte bietet sich ein fabelhafter Rundblick auf die umgebende Schlösser- und Seenlandschaft. Schauen Sie doch mal selbst vorbei!
Michael Günther:
Verkehrsort Glienicker Brücke (Teil 1)
In: „Verkehrsgeschichtliche Blätter“, Heft 5/2023, S. 122-133
Verkehrsort Glienicker Brücke (Teil 2)
Endlich: „Brücke der Einheit“
In: „Verkehrsgeschichtliche Blätter“, Heft 6/2023, S. 154-166