Lesetipp:

Führungsturm statt Bundespressestrand
Eisenbahngeschichte(n) zwischen West und Ost.

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Führungsturm statt BundespressestrandWer fun­dierte Dar­stellungen zur Ber­liner Bahn­geschichte sucht, wird in Peter Bleys vie­len Sach­büchern und Fach­artikeln – letz­tere auch in den „Ver­kehrs­geschicht­lichen Blät­tern“* – immer fün­dig. Dies­mal hat der sonst vor­rangig sach­bezogen schrei­bende Eisen­bahn­histo­riker einen sehr per­sön­lichen Arti­kel ver­fasst: Erinne­rungen an sein Hob­by Eisen­bahn im gespal­tenen Berlin.

Ost-West-Verkehr vor dem Mauerbau20 Jah­re nach dem Mau­er­fall erin­nert sich Peter Bley, wie er damals als West-Ber­­li­­ner sei­nem Hob­by Eisenbahn­historie in ganz Ber­lin, also auch im für ihn schwer zugäng­lichen, zeit­wei­se unzugäng­lichen Ost-Ber­­lin, nach­zu­gehen ver­suchte. Es sind außer­­gewöhn­­liche Eisen­bahn­geschich­ten gewor­den, die von den Schwierig­keiten zwi­schen West und Ost erzäh­len und die zugleich deut­sche Geschich­te veran­schau­lichen: Zur Erfor­schung der Bahn­historie Gesamt-Ber­­lins woll­te und muss­te Bley auch die Gren­zen zum Ost­teil der Stadt und zu ihrem Umland über­win­den, was ihm mit Hart­näckig­keit, Einfalls­reichtum und oft auch mit einem Schuss Furcht­losig­keit viel­fach gelang – arg­wöhnisch ver­folgt und beob­ach­tet von deutsch-demo­­kra­­ti­­schen „Orga­nen“, die ihrer Haupt­aufgabe, das DDR-Volk vor West­besuch zu schüt­zen, mit Hin­gabe nachgingen.

Peter Bleys Erin­nerun­gen wider­spiegeln Ber­li­ner und deut­sche Nach­kriegs­geschichte, wie sie zwei Jahr­zehnte nach der Implo­si­on der histo­ri­schen Epi­sode DDR in ihrer Absur­dität schwer vorstell­bar, bei­na­he unglaub­würdig erscheint. Vie­le Epi­soden aus jener Zeit wir­ken heu­te gera­de­zu gro­tesk, oft­mals sogar lächer­lich – obwohl seiner­zeit sei­tens der DDR alles sehr ernst­haft gemeint, regierungs­amtlich beglei­tet und von einem rie­si­gen Bewachungs­apparat durch­gesetzt wur­de. Der Arti­kel bie­tet doppel­ten Lektüre­gewinn: Eisen­bahn­geschichte aus Zei­ten deut­scher Tei­lung und die Authenti­zität des unmittel­baren Zeit­zeugen und Betrof­fenen, der die beson­dere Situa­ti­on aus persön­licher Perspek­tive erleb­te und anschau­lich und trotz des dama­li­gen Erns­tes auch mit eini­gem Humor auf­geschrie­ben hat.

Finstere StationPeter Bley:
Eisenbahngeschichte(n) zwi­schen West und Ost.
Erin­ne­run­gen an ein Hob­by im gespal­te­nen Ber­lin
 
In: „Ver­kehrs­ge­schicht­li­che Blät­ter“, Heft 5/​​2009, S. 118-131, Heft 6/​​2009, S. 160-166

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