Lesetipp:
Berlin Ecke Schönhauser
Die Kreuzung der Schönhauser Allee mit der Eberswalder Straße/Danziger Straße und der Kastanienallee/Pappelallee im heutigen „Szene-Kiez“ Prenzlauer Berg ist nicht erst seit dem DEFA-Kultfilm von 1957 als „Berlin Ecke Schönhauser“ ein Begriff. Diese Straßenkreuzung wurde in ihrer nun seit über einem Jahrhundert grundsätzlich unverändert bestehenden Form mittlerweile zu einer Ikone urbanen Berliner Großstadtlebens. Zu verschiedenen Zeiten ist sie in Wort und vor allem im Bild verewigt worden. Durch die Hochbahn und mehrere Straßenbahnlinien ist „Berlin Ecke Schönhauser“ mit vielen Berliner Stadtteilen direkt verbunden – ein bedeutender Verkehrsknoten im öffentlichen Personennahverkehr.
Für diejenigen, die die lange und oftmals widersprüchliche Geschichte des öffentlichen Nahverkehrs in Berlin kennen, übt dieser Verkehrsort auch deshalb eine hohe Faszination aus, weil hier der Nahverkehr seit Jahrzehnten unverändert in seiner ursprünglichen Form abläuft: elektrisch und schienengebunden, also in einer Betriebsform, die es eigentlich in Berlin schon seit langem nicht mehr geben dürfte – zumindest für den Verkehrsträger Straßenbahn.
Bereits im 18. Jahrhundert war der „Pankower Landweg“ (die heutige Schönhauser Allee) eine wichtige Verkehrsverbindung zwischen der Residenz Berlin und dem Hohenzollernschen Sommerschloss (Nieder-)Schönhausen. Mit der engen Bebauung ab Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden dann sukzessive auch die weiteren Straßen, die heute diese besondere Kreuzung ausmachen. Pferdebahnen, bald elektrische Straßenbahnen, schließlich die Hochbahn direkt über der Kreuzung, zunehmender Individualverkehr – „Berlin Ecke Schönhauser“ wurde und ist ein stark frequentierter Berliner Verkehrsort. Zwar trennte der Mauerbau am Ende der Eberswalder Straße die Verbindungen nach Westen, trotzdem blieben die Schönhauser und ihre kreuzenden Straßen auch in den Mauerjahren ein belebter Verkehrsort.
Die Autoren haben vielfältige Quellen gesichtet und Bemerkenswertes über diesen Ort und seine unmittelbare Umgebung herausgefunden. Verblüffend, welche Straßenbahnlinien im Verlauf der Zeiten mit welchen Zielen die Kreuzung überquerten!
Schließlich gab es über Jahrzehnte sogar einen Bahnhof der Eisenbahn in Sichtweite der Kreuzung. Doch nicht nur der Verkehr, sondern auch das Medium Film ist mit diesem Ort eng verbunden: die Anfänge des Kinos mit den Brüdern Skladanowsky und der Drehort „Schönhauser“ im Film. Die nahegelegene Mauer hat die Situation von „Berlin Ecke Schönhauser“ bis 1989 geprägt. Umso auffälliger sind nach dem Mauerfall die Veränderungen des Verkehrs und der umliegenden Wohn- und Geschäftsgegend. Wer nach der Lektüre des Beitrages per Hoch-, Straßenbahn oder sonst irgendwie diese Straßenkreuzung überquert, wird sie in anderem Licht sehen!
Reinhard Schulz; Michael Günther:
Berliner Verkehrsorte im Wechsel der Zeiten
Berlin Ecke Schönhauser
In: „Verkehrsgeschichtliche Blätter“,
Heft 1/2018, S. 2-14 (Teil 1),
Heft 2/2018, S. 45-54 (Teil 2)