Lesetipp:
„S-Bahn in Westberlin in den roten Zahlen“
Die Berliner S-Bahn hat Höhen und Tiefen erlebt: vor dem Zweiten Weltkrieg hochmodernes Nahverkehrsmittel, während des Krieges Zerstörungen durch Bombenangriffe, erstaunlich schneller Wiederaufbau nach dem Krieg… Doch dann geriet Berlins bedeutendstes Nahverkehrsmittel zunehmend in die Querelen des Kalten Krieges. Höhepunkt wurde die Netztrennung am 13. August 1961. Im Ostteil blieb die S-Bahn wichtigster Verkehrsträger und wurde weiter ausgebaut; im Westteil trieb der politische Boykott die von der Deutschen Reichsbahn betriebene „Ulbricht“-Bahn in die roten Zahlen. Die zu Kriegsende von den vier alliierten Siegermächten getroffene Vereinbarung, den Betrieb der Deutschen Reichsbahn – und damit auch der S-Bahn – innerhalb der gesamten Stadt in die Verantwortung der sowjetischen Besatzungsmacht zu geben, wurde nach dem sich entwickelnden Gegeneinander zwischen Sowjets und Westalliierten zum ständigen Zankapfel. Der S-Bahn-Betrieb in West-Berlin war nun eine Frage des politischen Status‘ der Stadt und dadurch verknüpft mit der politischen Weltlage.
Mike Straschewski hat diverse, seinerzeit meist geheime Akten der 1970er und 1980er Jahre gesichtet, aus denen die gegensätzlichen Interessen der Kontrahenten in Ost- und West-Berlin deutlich werden. Letztlich waren die deutschen Vertreter beider Seiten abhängig von den Alliierten. Wie es dann nach schwierigen Annäherungen und Verhandlungen Ende 1983 doch noch zu einer für beide Seiten akzeptablen Vereinbarung kam, hat Straschewski detailliert beschrieben. Der Beitrag behandelt eine schwierige Zeit der S-Bahn in West-Berlin, die bis an die Grenzen ihrer Existenz geriet. Fotos aus jenen Jahren veranschaulichen den Niedergang der S-Bahn in West-Berlin vor 1984.
Wer heute auf den nach der Wiedervereinigung zumeist total instand gesetzten S-Bahn-Strecken ganz selbstverständlich über alle Bezirks- und Stadtgrenzen hinweg unterwegs ist, der wird die Situationsbeschreibung der politischen Querelen der Mauerjahre kaum glauben wollen.
Mike Straschewski:
Am 27. Mai 1975 meldete das „Neue Deutschland“:
„S-Bahn in Westberlin in roten Zahlen“
In: „Verkehrsgeschichtliche Blätter“, Heft 2/2017, S. 30-38.
Heft 3/2017, S. 70-78